... neulich 'ne Katze durch den Atlantik geschwommen ...

... wie's heißt, war Liebe im Spiel.

Freitag, 3. April 2009

ein vormittag

Auf der Bank.

Die Bank bei der ich ein Konto habe, heißt 中国银行 (Bank of China). Dort wollte ich mich nach einer Überweisung erkundigen. Wenn aus Deutschland Geld überwiesen wird, dann landet der Auftrag zuerst bei der Hauptbank in Peking. Diese Bank leitet das Geld an die Adresse einer bestimmten Filiale weiter. Diese Filiale empfängt dann das Geld und verbucht es auf ihrem lokalen(!) Konto. Wie "föderalistisch" (eher: feudalistisch) das Bankenwesen organisiert ist, bekam ich dann heute vorgeführt.
Ich ging also heute zur Bank und gab mein "Sparbuch" (ein gelbes Heftchen, das im Großen und Ganzen nutzlos ist, aber in dem der Kontostand vermerkt werden kann) der netten Dame am Schalter. Sie zog das Heftchen durch verschiedene Apparate, lächelte und gab es mir zurück. Oh Jammer! Noch kein Geld erhalten! Und also: Fragen. Wenn das Geld irgendwo hängengeblieben ist, dann kann man es innerhalb einer bestimmten Frist noch "beanspruchen" und weitere Verzögerungen (und Kosten) vermeiden. Also fragen: Woran liegt das?

Die netten Herren, die im Moment meines Betretens der Bank ohne die Worte "Oh Gott, ein Ausländer!" sofort auf mich zugestürzt waren, waren noch anwesend und ich wandte mich vertrauensvoll an sie. Kompetente Hilfe erhoffend. Ich sagte: "Ich warte auf Geld aus Deutschland. Es ist nicht angekommen. Woran könnte das liegen?" und bat sie um Unterstützung. Man sagte mir (wie schon mehrfach bei diversen Problemen (Freischaltung Online-Banking, Austauschen der Geldkarte, etc.)), dass das nur die Zweigstelle, bei der das Konto eröffnet worden sei, wissen könne. Die Nummer sei im gelben Büchlein abgedruckt.
Ich rief also diese Nummer an und hörte ohrenbetäubend laute Araber-Musik. Ich hielt den trompetenden Lautsprecher zu dem mein Telefon nun mutiert war, etwas ratlos vor meinem Bauch in der Hand und wartete einfach nur ab. Und tatsächlich: Irgendwann endete die ohrenbetäubende Musik und ich hörte stattdessen ein lautes Rauschen und Fiepen in der Art eines Faxgeräts. Dieses Rauschen hielt ich den freundlichen Herren entgegen und sagte: "Diese Nummer funktioniert nicht." Das hatte ich zwar vorher schon gewusst (und auch gesagt), aber das Fiepen und Rauschen war schwerer zu leugnen als meine vorherigen Aussagen, die ja bis zu diesem Zeitpunkt als blosse Behauptungen verstanden werden mussten. Die Nummer funktionierte nicht. Das war bewiesen. Und nun? ...sollte ich hinfahren. Ich verzichtete darauf, darauf hinzuweisen, dass wir das Jahr 2009 schreiben und keine Boten, Kutschen und Kuriere mehr existieren und das aus gutem Grund und fragte stattdessen einfach nur nach einer anderen Nummer. Schliesslich war ich ja auf einer Filiale derselben Bank! Ich dachte, das sollte für die netten Menschen kein Problem sein, die mal kurz anzurufen und zu fragen, ob über mein Konto irgendetwas Ungewöhnliches bekannt sei.
Die beiden hilfsbereiten Herren liefen sodann los und fragten ihren Chef nach Möglichkeiten, mit ihren Kollegen in 汉口 Kontakt aufzunehmen. Der Chef hatte die nur schwer an Einfachheit (und damit Eleganz) zu übertreffende Idee, die Servicenummer der Bank anzurufen, die für Telefonbanking und Fragen aller Art zuständig ist. So eine Art bankinterner Auskunft sozusagen. Diese Nummern riefen ich und mein zuvorkommender Helfer ca. 15 Minuten lang ununterbrochen an, aber niemand ging ans Telefon. Der freundliche Herr, den ich immer mehr an meinem Problem zu interessieren versuchte, was auch gelang, rief dann die allgemeine Telefonauskunft an. Die erhaltene Nummer funktionierte ebenfalls nicht. Dann erinnerte er sich an irgendetwas. Neuer Markt... IT... Internetzeitalter... Google! und stürzte an einen Rechner. Er gab ein:
中国银行汉口支行 (Bank of China Zweigstelle Hankou) und erhielt als ersten Treffer: 中国银行大乱. Der schöne Ausdruck 大乱 setzt sich zusammen aus 大 "groß" und 乱 "Unordnung (Chaos)" – Überflüssig zu sagen, dass ich mich an dieser Stelle einigermaßen amüsiert/besänftigt geschlagen geben musste.
Die Linie nach Hankou ist die 608. Sie fährt von einer Haltestelle in ca. 20 Busminuten Entfernung von mir direkt bis an die großartige Fassade "meiner" persönlichen Zweigstelle. Na wenn das nicht glücklicher Zufall ist...?


笑墨

Einer der Wege

Wenn wir jung sind, entdecken wir Ironie.
Wenn wir begreifen, dass sie niemand versteht, Sarkasmus
Wenn wir's dann hassen, sarkastisch zu sein, dann werden wir zynisch
Und wenn wir Glück haben erleben wir's noch:
– Schmerzfrei – Wir lachen uns einfach kaputt.

PS: Zur Ehrenrettung der Bank sei bemerkt, dass 大乱 in Verbindung mit 大治 (große Ordnung) gebraucht wurde. Das stimmt mich nur noch zuversichtlicher!
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